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In Gedenken an Manfred Klett, 1933–2025

Manfred Klett ist am 2. April 2025 in den Stunden des anbrechenden Tages in Frieden über die Schwelle gegangen – auf «seinem» Dottenfelderhof, begleitet von seiner Familie.
Er ist im alten Saal aufgebahrt, wo auch die Aussegnung am Samstag, 5. April, gegen Ende des Vormittags stattfinden wird. Die Trauerfeier zu seinem Erdenabschied mit Gedenkreden zu seinem Leben und Wirken findet am Samstagnachmittag um 15 Uhr statt.
Manfred Klett war der Doyen der biodynamischen Bewegung. Er war Praktiker – zunächst im Ackerbau und in der Betriebsentwicklung auf dem Dottenfelderhof, dann als Leiter der Landwirtschaftlichen Sektion am Goetheanum mit der jährlichen grossen Landwirtschaftlichen Tagung und der weltweiten Netzwerkarbeit, schliesslich als Projektentwickler, insbesondere im Dorfprojekt Juchowo in Polen. Gleichzeitig war er über Jahrzehnte weltweit als Vortragsredner, Dozent und Gesprächspartner auf Reisen. Er hatte die Gabe, Worte und Bilder für den biodynamischen Impuls zu finden, die für die Zuhörer:innen grosse Welten erschlossen. Gross erschien der biodynamische Impuls, weil er als zukunftsfähige Fortsetzung des durch die Epochen gehenden landwirtschaftlichen Kulturimpulses dargestellt wurde – eines Impulses, der eine Partnerschaft mit der Erde und der Natur bedeutet. Es war das Lebensschicksal Manfred Kletts, dass er der Grösse dieser Entwicklung an entscheidenden Punkten seines Lebensganges direkt begegnet ist.
Geboren wurde Manfred Klett 1933 in Tanganjika, dem heutigen Tansania, in Afrika, am Fusse des Kilimandscharos. Die Grösse der ostafrikanischen Savannenlandschaft hat er sein Leben lang in der Seele getragen. Die Schulzeit verbrachte er u.a. in der Schule «Schloss Salem» am Bodensee und nach dem Zweiten Weltkrieg an der Waldorfschule Stuttgart, mit einjährigem Schüleraustausch in England. Ein Studium an der Technischen Hochschule Stuttgart nahm durch einen Unfall ein vorzeitiges Ende. Während eines einjährigen Arbeitsaufenthaltes im Nordosten Syriens entschloss er sich, Landwirt zu werden. Diese Entscheidung fiel im historischen Zweistromland – einem Ort früher Hochblüte der sich entwickelnden Landwirtschaft. Nach einer Lehre folgte das Studium der Landwirtschaft an der Universität Stuttgart-Hohenheim mit anschliessender Promotion im Fach Bodenkunde. Weitere vier Jahre widmete er der Forschung am Institut für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise zum Thema «Düngung und Nahrungsqualität».
1968 wurde die Betriebsgemeinschaft Dottenfelderhof und wenig später die Landbauschule Dottenfelderhof begründet. Hier, am Stadtrand von Frankfurt in Sichtweite zur Kapitalmacht der modernen Zeit, sehen wir mit dem 180 Hektar grossen Dottenfelderhof, der grossen Betriebsgemeinschaft von fünf Familien und der weit in die Zukunft zielenden Landbauschule den nächsten markanten Einschnitt in der Biografie von Manfred Klett. Nach zwanzigjähriger biologisch-dynamischer Aufbauarbeit mit Ehefrau und fünf Kindern übernahm er die Leitung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum in Dornach, Schweiz. Damit wird die weltweite biodynamische Bewegung zu seinem Wirkensort. Er reiste in viele Weltregionen, und an den grossen Jahrestagungen zur biodynamischen Landwirtschaft am Goetheanum nahmen Menschen aus über 40 Ländern teil. Nach vierzehnjähriger Tätigkeit und weiteren acht Jahren als freier Mitarbeiter am Goetheanum kehrte er auf den Dottenfelderhof zurück und nahm erneut eine Lehrtätigkeit an der dortigen Landbauschule auf. Daneben betreut er seit 21 Jahren das Dorfprojekt Juchowo in Polen. Es ist der Versuch, im östlichen Europa eine Pflanzstätte zu schaffen, in welcher die «Bildung der Erde» (Novalis) sich als eine soziale Aufgabe darstellt – und «die soziale Frage» in der Bildung der Erde eine Antwort findet.
Als Frucht eines lebenslangen Arbeitens, Forschens und Lehrens der Biodynamik erschien 2021 sein umfangreiches Buch «Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst». «Landbaukunst» steht als Zielrichtung im Titel des Buches. Und man kann sich fragen: Soll das die Lösung bringen für die Herausforderungen des Klimawandels, der Bodenerosion, der Welternährung? Die Antwort kann lauten: Ja, denn Kunst, Landbaukunst meint: Jeder und jede mit seinem und ihrem individuellen Engagement, an seinem und ihrem ganz speziellen Platz lebt einen unersetzlichen Beitrag. Jeder Hof, jeder Ort, wo im Sinne dieses Buches gearbeitet wird, ist ein Repräsentant der Erde, die uns zur Kultivierung anvertraut ist.
Wir stehen jetzt in den Tagen des Erdenabschiedes von Manfred Klett am Anfang des zweiten Jahrhunderts des Wirkens des biodynamischen Impulses mit der Frage: Was ist jetzt zu tun? Heute stehen wir vor teils schwierigen Realitäten auf den Betrieben und in der Vermarktung. Wir kennen aber auch die Prinzipien und Grundgedanken aus der Anthroposophie, aus denen heraus wir hoffen können, an diesen Realitäten nicht zu scheitern. Wir haben die Möglichkeit, uns und den Landbau aus der Zukunft heraus zu entwickeln. So können wir nicht nur die Probleme der Landwirtschaft einer Lösung zuführen und deren Zukunft erschliessen, sondern auch Zukunftsimpulse für die Naturseite der Welt und die soziale Gestaltung des menschlichen Lebens gewinnen. Dazu ruft uns Manfred Klett auf – in seinem Buch, durch sein Lebenswerk, durch seine menschliche Grösse. Wir verdanken ihm viel und wollen ihn in grosser Dankbarkeit begleiten auf seinem Weg von der geliebten Erde in die Sphärenwelt des kosmischen Daseins.
Für die Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum
Ueli Hurter
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Ebba Bauer

Ebba Bauer hat durch ihr unermüdliches Wirken den Dottenfelderhof als Pionierhof für die ökologische Agrarkultur entscheidend mit aufgebaut und hat nicht nur die vielen jungen Menschen, die sie ausgebildet hat, geprägt, sondern wichtige gesellschaftliche Impulse gesetzt.
Lesen Sie hier mehr.
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Peter Spitaler
Bio-Bauer aus Leidenschaft

Peter Spitaler ist über die Schwelle gegangen.
Vollkommen unerwartet und plötzlich. Demeter-Bauer seit 1998 und schon lange Teil der Waldviertler Arbeitsgruppe.
Nie im Vordergrund, doch stets präsent mit seinen lustig leuchtenden Augen. Ein echter Waldviertler durch und durch. Unfassbar, dass er sich schon auf den Weg gemacht hat.
Sein Leben war geprägt von der Liebe zur Natur und zum Ackerboden.
Schöner kann man es nicht sagen.
Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie, die nun so unerwartet um einen geliebten Menschen trauert.
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns. – Rainer Maria Rilke
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Raimund Remer
Ein TRAGFÄHIGER MENSCH in Landwirtschaft und praktischer Landbau-Forschung verabschiedet sich.



Flink, rasch, immerzu fleißig, das war Raimund Remer.
Sinnenfreude, Sinnenschärfe. Immer Draußen im Geschehen und Wandel der Jahreszeiten. Seine Forschung und landwirtschaftlichen Versuche auf den Betriebsflächen des Bauckhofes schlossen sich an Fragen und Probleme der bio-dynamisch arbeitenden Bauern/Bäuerinnen in Norddeutschland an. Geschätzte 25 Jahre. Davor war er intensiv mit dem Wurzerhof und der österreichischen Demeter-Bewegung verbunden.
„Dichter heran gehen an das, was wir tun wollen“. So sein Rat bei der Sommertagung 2010 im Südburgenland. Raimund Remer ist seinem Versprechen, als Hauptreferent anzutreten treu geblieben, trotzdem er im Vorfeld der Österreich-Reise mit den Folgen einer Gehirnblutung hart zu kämpfen hatte. – Im Weiteren hat er sich aus der Öffentlichkeitsarbeit sehr zurückgezogen, doch war er bis zu seinem Tod ein Juwel anthroposophischen Lebens und Forschens.
Neben aller Betriebsamkeit und großer körperlicher Anstrengung praktizierte er Dieses:
In absolute Ruhe getauchte Offenheit, Hinwendung zu den „Phänomenen“. Genaues Einschätzen. Mit-Empfinden, Mit-Gefühl.
Ein Riesen-Erfahrungsschatz und das ständige Ringen um ein Verstehen der natürlichen Gegebenheiten leitete dieser „Eremit“ hin zu konkreten Hilfestellungen. Zu „kunstreichem Tun“ eines Goethe.
„Alle, die ihn (R.R.) kennenlernen durften, haben mit Bewunderung seine unendliche Zuwendung zur Erde, den Pflanzen, den Bäumen, den Tieren und den Menschen gegenüber erlebt.“ So heißt es in der Todesanzeige. wohl von seiner lieben Frau Ulrike verfasst. Nicht ganz 86-jährig, am 5. Februar dieses Sonnenjahres „hat ein starkes, mutiges und großes Herz aufgehört zu schlagen. Nun gehen Seele und Geist vom Leibe befreit ihren Weg in neue Sphären.“
Nach Maßgabe und Anregung in Rudolf Steiners „Landwirtschaftlichem Kurs“, neue Wege gangbar zu machen, spielten die Präparate eine große Rolle in R. Remers Leben und Forschung.
Seine Ergebnisse dazu scheinen aufwändig. Doch wirken biologisch-dynamische Präparate auf der Grundlage einfühlsamer, wohlüberlegter und sorgfältiger Handhabung. Wie auch der Boden für gesundes Wachstum und Wirksamkeit dieser feinen Substanzen nicht glatt und hart wie der Tisch, sondern locker und lebendig sein soll. „Es sind zarte Momente, durch welche Pflanzen das Licht zu neuer Nährkraft wandeln können.“ (LWK, 1.Vortrag, kosmische Wirkungen und Silizium.) Ein Herzenswunsch in Bezug auf das Kieselpräparat entrang sich bei oben erwähnter Sommertagung Remers Seele: „Wenn es nur wirklich zu einem Leben führen wollte!“
Die Prozedur des gründlichen Verreibens von Quarz; so gründlich (im letzten Schritt sogar noch mit der Kugelmühle), dass bei langsamer Wasserzugabe der Brei entsteht, von dem genau (!) Rudolf Steiner gesprochen hatte. – Die Minerale bleiben lange in der Schwebe, sinken nicht gleich nach unten. Kommt dieses sorgfältig ausgewählte, gründlich und langsam zubereitete Material in den warmen Sommerboden (im Horn// Nebenbei gesagt: Die Hüllen, die für die Kompostpräparate verwendet wurden, waren immer absolut frisch! Bis auf die Hülle für Schafgarbe, die Hirschblase), so kann „der Teig“ darin weiterarbeiten! Silizium wird in die Löslichkeit geführt, hin zu einer etwas beweglicheren Lebensform; so wie es uns die Diatomeen vormachen. – „Zeit geben“. Das gilt für sehr Vieles in der Landwirtschaft. Die große Lehrmeisterin Natur leitet uns Menschen zu Herzensbildung an.
In dieses sein Lebensprojekt (die Demeter-Landwirtschaft weiterzubringen) hat sich auch die Arbeit im Labor glücklich eingefügt. Etliche Themen, wie auch Labor und Versuchsflächen hatte R.R. vom Vater Dr. Nikolaus Remer übernommen und sich ganz zu Eigen gemacht.
Der grande studiosus war Raimund Remer vor allem in den allerfrühesten Morgenstunden. Darüber hinaus gab es dort Phasen emsigen Treibens; Blubbern, Rinnen, Gären, Rösten, Wägen und Messen. Zeichnen nicht zu vergessen. Ein zivilisiertes knappes „Heck!“ ließ sich bei jedem Missgeschick vernehmen. Für lange Erklärungen zu laufenden Projekten oder Zielen war keine Zeit. Dafür gab es monatlich Bauern/Bäuerinnen-Treffen, Lehrlings-Fortbildungen und/oder andere Tagungen, bei denen Gespräche ihren Platz fanden.
Meine Hof-Kindergartengruppe hat Raimund mit großer Freude und ganzem Herzen begleitet und gefördert. Das Kind, die Zukunft, Neue Wege! Das entsprach seinem hellen Wesen, durch Disziplin und vielleicht auch allerlei Not und „Tod“ geläutert. Einmal haben wir ihm, dem Bienenvater (wie auch Ameisenvater) die Grimm`sche Bienenkönigin zu seinem Geburtstag im Hochsommer vorgespielt: Die Tiere mögen ihm sein Entgegenkommen danken!
Das Morgentor des Schönen, die Zuversicht, erkennbar auch in folgender Lebenshaltung:
„Angesichts eines gemachten Fehlers zu fragen: Was erlebe ich da? Was kann ich verbessern? Ja, was für neue Perspektiven eröffnen sich mir u.U. dadurch?“ „Es ist nicht nur falsch gewesen, dass ich einen Fehler gemacht habe.“ – In die gleiche Rubrik gehört, mit Interesse auf Schädigung zu reagieren (beispielsweise den Fraß-Schaden an frisch gepflanzten Bäumchen durch ein Reh). Inneres Hin-Lauschen: Was für ein Wesen berührte „mich“ da? Anstelle von Ablehnung und Emotion.
Klingt das nicht alles sehr nach Anthroposophischem Schulungsweg?
Ergebnis auch dessen, dass Raimund Remer seit Kindertagen mit Tieren zu tun hatte (für Schweine war er verantwortlich, die er mit welken Brennnesseln fütterte, wohl eine seiner Lieblingspflanzen, die ihm „um sein Herz gewachsen war“). Dann in der Landwirtschaft am Wurzerhof. Weiter durch Aufenthalte in Afrika und Papua Neu Guinea (Kaffee-Plantage). Marienhöhe; und besonders die norddeutschen Bauernhöfe, mit denen Austausch und Zusammenarbeit bestand. Frau Ulrike Remer-Bielitz war in Vielem seine Weggefährtin und ist: Tierärztin.
Respekt gegenüber den „Tieren, die in einer Vielzahl und Vielartigkeit über die Erde ziehen und in ihrem Zusammenspiel diese pflegen.“ R. Remer bei der Sommertagung am Neusiedler See.
Angelika Felder